Wohnen an der historischen Stadtmauer im kleinsten Wohnhaus Butzbachs

Diesen Traum erfüllte sich der seit vielen Jahren in Australien lebende ehemalige Butzbacher Heiko Opitz. Zwei der wenigen aus dem 18. Jhd. noch erhaltenen „Schwibbogenhäuser“ in der Mauerstraße 12- 14 wurden 2005 von ihm erworben. Nach Vorlage der Planung und Genehmigung erfolgte die vollständige Sanierung in den Jahren 2006- 2007 unter rein ökologischen Gesichtspunkten. Aus den fast verfallenen ehemaligen Wohnhäusern mit Schuppen (zuletzt bewohnt um 1910) wurde ein Doppelhaus, das in zwei neuen Wohneinheiten mit ca. 27 und 29 m2 einen ganz besonderen Wohnraum bietet. Laut Alt-Eigentümer Opitz, der die zweite Hälfte Nr. 14 nach der Genehmigungsphase veräußerte, ist das Wohnen hier vorstellbar wie „in drei Wohnwagen übereinander“. Dennoch bietet das Häuschen alles, was man zum Leben braucht. Angefangen von einer voll ausgestatteten Küche mit Waschmaschine und einem Abstellraum im EG, über ein Schlafzimmer mit ausziehbarem Bett und einem Bad im OG, das manche Besucher als „größer als unseres“ bezeichnen. Das Dachgeschoss hält einen ganz besonderen Fernseh- oder Leseplatz unter dem Bogen der mittelalterlichen Stadtmauer bereit. Von hier aus kann man über eine Stahltreppe den Freisitz auf dem alten Wehrgang der Stadtmauer erklimmen. Für den Transport des Proviants in diese schwindelnden Höhen sorgt ein Zitat des historischen Flaschenzugs an der neu geschaffenen Gaube.

Das hier entstandene Kleinod wurde 2006 bis auf die Grundfesten abgebaut, in einer Zimmerei repariert und wo notwendig durch altes Eichenholz ersetzt. Nach Fertigstellung der geschossweisen Fachwerkelemente mit einem Autokran wieder an seinen ursprünglichen Standort verbracht und hier mit Lehmsteinen, Schilfrohrmatten und Lehmputz erneut bewohnbar gemacht. Die kompletten Hausanschlüsse verbergen sich – mangels Keller – hinter den handgefertigten Küchenschränken. Die Beheizung erfolgt mit platzsparenden Elektroheizkörpern. Der gesamte Ausbau, inklusive der räumlich begrenzten Treppenlösung, erforderte viel Tüftelei und ausschließlich individuelle Anfertigungen. Nicht nur deshalb hat diese Bauaufgabe allen Beteiligten (und wohl auch späteren Betrachtern) großen Spaß gemacht.

So wurde das Haus für die „beispielgebende Kreativität bei der Nutzungsfindung und Umsetzung“ mit der Denkmalplakette 2008 des Wetteraukreises ausgezeichnet.

Inzwischen hat auch die Mauerstraße 12 neue Eigentümer gefunden — die Familie Dier vermietet das Häuschen gerne an Gäste. Kontakt: 06033-748424 oder schwib.bogen.haus(at)gmx.de

Bei einem Aufenthalt im Schwibbogenhaus Nr. 12 können Sie dann ein besonderes Detail besichtigen, das vor dem damaligen Abbruch von Restaurator Stefan Born freigelegt wurde. Neben einer ehemaligen Fensteröffnung in der Stadtmauer fand sich neben Bemalungen eine Inschrift „K. 1849“. Angeregt durch diesen außergewöhnlichen Fund begann man dann, nach dessen Verfasser und der Geschichte des Hauses zu forschen. Hieraus entstand nach einigen Recherchen ein Büchlein, das Aufschluss über die Bewohner der Häuschen in der Mauerstraße und deren Lebensumstände seit dem 18. Jahrhundert bietet.

Das Büchlein „Ein Butzbacher Schwibbogenhaus erzählt“ wurde herausgegeben von den Altstadtfreunden Butzbach e.V. und ist zum Preis von 10,00 € erhältlich per Versand (zzgl. Portokosten) über die E-Mail-Adresse: altstadtfreunde-butzbach(at)t-online.de

Weitere Infos zum Bauablauf, sowie ein Videoausschnitt der HR-Sendung „Herrliches Hessen” mit Innenansichten des Hauses finden sich auf der Homepage www.architektur-bauart.de